Folge auf Spotify // Zeitangaben entsprechend
00:00 //
Micha besinnt sich im Strandstuhl in die Folge rein, es läuft direkt alles falsch. Eigentlich sollte es über eine kleine mentale Zeitreise in die Kinder-Kathedralen, die Turnhallen der 80er, gehen. Man sinniert sich in die Welt des (Geräte-)Turnens, hierzu kann gleich Gästin Pauline Schäfer-Betz mehr sagen, die sich aktuell von einer OP erholt und deshalb leider nicht an der Turn-Weltmeisterschaft teilnehmen konnte. Kurzer Recap zu Paulines beeindruckendem Medaillenspiegel. // Hochleistungssport geht nur, wenn man die täglichen Schmerzen auch ertragen will und dafür brennt. Stephan mit seinen Altersschmerzen kurz vor der Fünfzig kann das total nachvollziehen. // Pauline kommt aus einer Sport-Familie und ist mit sechs/sieben Jahren ins Training eingestiegen. Stephan hat auch mal Kunstturnen in dem Alter gemacht, hat aber die Schwielen an den Händen nicht ausgehalten und ist deshalb ausgestiegen. // Pauline brieft einmal die Gerätschaften und Rahmenbedingungen beim Kunstturnen ein. Im Gegensatz zur Leichtathletik hat man nur einen Versuch und nicht drei — da ist man schon mal nervös. // Bei der Historie der geschlechtsspezifischen Gerätezuordnung schwimmt man ein bisschen. Der Schwebebalken ist für Männer einfach das komplett „mysteriöse Wesen“ (Zitat Micha) //
25:15 //
Das Verletzungsrisiko ist hoch, aber so sollte man ans Turnen nicht rangehen. Pauline trainiert 6-8 Stunden am Tag inkl. Elemente-Training, Beweglichkeit und Krafttraining. // Micha rekapituliert noch weitere Details aus ihrer Karriere, bedauerlicherweise gibt’s keine Trophäenwand in diesem Videocall zu sehen. // Viele SportlerInnen sind in der Sportfördergruppe der Bundeswehr, um ihren Leistungssport weiter ausüben zu können. Dazu gehört auch Grundausbildung und Schusswaffengebrauch. // Micha rekapituliert die Gästinnen-Akquise mit Blick auf die Diskussion um die Athletinnen-Outfits bei Olympia in Tokyo in 2021, als das deutsche Team in langbeinigen Turnanzügen startete. Andere Nationen sind dem Beispiel noch nicht gefolgt. // Pauline hat einen eigenen Sprung entwickelt und grundsätzlich nur eineinhalb Minuten auf dem Schwebebalken Zeit für ihre Übung. Beim Training ist sie schon sehr perfektionistisch und selten 100%ig zufrieden. Es ist auch einfach was anderes, wenn man auf einen bestimmten bestimmten Zeitpunkt hin trainiert als so vor sich hin. //
50:09 //
Micha lässt sich die Schwebebalkenübung und den Wettkampf komplett (inkl. der Benotung) erklären. Paulines Schäfer-Salto ist auf der Schwierigkeitsskala von A bis I ein E-Element. Die Bewertung ist (leider) immer subjektiv und politisch. Deshalb ist der Anspruch sehr hoch, so wenig Abzüge wie möglich zu bekommen. // Pauline hat ein Jahr an ihrem Sprung geübt, bis er wettkampfreif war und angemeldet werden konnte. Und nur, wenn der Sprung im Wettkampf gezeigt wird, wird er künftig als eigenes Element anerkannt. In der Choreo müssen außerdem die Übergänge zwischen den Elementen gefüllt werden. // Pauline kritisiert die von psychischer Gewalt und Machtmissbrauch geprägten Trainingsmethoden in Chemnitz, denen sie ausgesetzt war. Sie entschied sich, an die Öffentlichkeit zu gehen, nachdem sie intern kein Gehör fand – und wurde zunächst mit TäterInnenschutz konfrontiert. Der Verband hat erst eingelenkt, als der mediale Druck zu hoch wurde. // Pauline hat mit einem Kunstturner ein Trainingscampangebot geschaffen, in dem respektvoller Umgang herrscht. //
1:18:00 //
Machtmissbrauch im Sport sind dem monetären Druck geschuldet, der Leistung und Medaillen bringen soll. Es ist schwierig, den Punkt zu erkennen, ab wann das Training unmenschlich und belastend wird. // Die Atmosphäre aus Druck und Angst im Rahmen von Trainingsabhängigkeiten zerstört die mentale Gesundheit. Es gibt viele AthletInnen, die in psychologischer Betreuung sind. // Demnächst gibt es eine Dokumentation über Pauline (März 2023) // Das Leistungssport-System wird aktuell glücklicherweise verstärkt hinterfragt und verbessert — Pauline bleibt dran. // Stephan zitiert noch eine Situation aus der AthleteA-Doku. Es ist nie eine gute Idee, unter Schmerzen seine Gesundheit zur riskieren und den Wettkampf durchzuziehen — denn es ist immer eine Gratwanderung, ob man sich selbst im Falle einer Verletzung für oder gegen das Weitermachen entscheidet, im schlimmsten Fall kostet das die Karriere. //
1:34:26 //
Micha wirft noch ein paar leichte Fragen in die Runde: Stehen nicht total viele potentielle KooperationspartnerInnen bei Pauline schon Schlange? Wie siehts aus mit Let’s Dance? Hätte sie Bock. Bei Schlag den Star hätte bestimmt niemand eine Chance gegen sie. Bei Klein gegen Groß war sie schon mal und bei Wer weiß denn sowas? ist sie schon angefragt. BachelorEtte-Formate guckt sie gerne, aber mitmachen ist schon nochmal was anderes. // Trizeps ist der einzige Muskel, den Pauline nicht soooo krass braucht. Ansonsten wird alles trainiert. // Micha „lernt“ den Schweizer Handstand, Stephan erklärt aber den Wiener Handstand. Pauline macht bei Deadlifts 80kg, HipThrusts mit 120 kg. // Hat der knapp zweistündige Talk mit den beiden Pauline ihr jetzt Trainingszeit weggenommen? Passiert schon Muskelabbau? // +++Zart&Bitter Meinung+++ Micha findet, der Schwebebalken ist „hundsgemein“, eine „Unverschämtheit“. Am Balken trainiert Pauline am liebsten ohne Tape am Fuß. // Micha hat zarte Füße, trägt Einlagen und macht auch Fußgymnastik, deshalb ist er sehr interessiert. Stabilität ist King. // Waden trainieren auch superschwierig. // Wie lange möchte Pauline noch trainieren? Sicher bis 2024. Sie hat Olga Korbut, die letzte Frau, die den mittlerweile verbotenen Deadloop gemacht hat, schon mal getroffen. // Würden Micha und Stephan Schwierigkeitsgrad A-Übungen schaffen? Spagatsprung zum Beispiel? Puh. //
Micha moderiert ab. Wenn die beiden nach Chemnitz kommen, gibt’s ’ne Seilkletter-Session! //
Outro //
2:03:30 //
Kleines Feedback-Wrap-Up: Micha hat sich zu Beginn gedankenlos in Schritt gefasst. Un an ge nehm! // Paulines nächster Wettkampf ist im März (Qualifikation für die EM im April) // Stephan wäre ein super Trainer geworden. //
Ciao!